Niederurnen: Kritische Gedanken und Standing Ovations

An der 161. Delegiertenversammlung des Verbandes Ostschweizerischer Kavallerie- und Reitvereine (OKV) am vergangenen Wochenende in Niederurnen manifestierte der Präsident Michael Hässig die Daseinsberechtigung des Regionalverbandes. Hässig stellte seinen Jahresbericht unter das Motto «Cogito ergo sum, sive ­existo» (Ich denke, also bin ich, also existiere ich). Im übertragenen Sinn heisst dies, dass der OKV für seine Mitglieder und deren Belangen denkt, sich einsetzt und dadurch eine klare Existenz­berechtigung hat. Hohe Beachtung erhielt zudem das Referat von Andy Kistler, dem Equipenchef der Schweizer Springreiter.

29.11.2016

Von Sascha P. Dubach

In seinem Jahresbericht stellte OKV-Präsident Michael Hässig eine vermehrte und gute Zusammenarbeit mit den anderen Regionalverbänden fest. Dies resultiere in einer spürbaren Stärke für Gespräche und Voten mit dem Dachverband SVPS (Schweizerischer Verband für Pferde­sport). «Der Pferdesport in der Schweiz muss funktionieren und dies geht langfristig nur mit gesunden Finanzen», so Hässig. «Den nötigen Korrekturen hat der OKV nun zugestimmt, aber nicht oh­ne die mittelfristigen Strukturen zu hinterfragen. Nach wie vor fehlt es an Transparenz und dem Willen zu Korrekturen. Diktatur von oben und monopolistische Erpressung muss aufhören. Dies wird nun das Anliegen des OKV im kommenden Verbandsjahr sein, ohne die ‘raison d’être’ des Pferdesports zu kompromittieren». Klare Worte des Präsidenten. Hässig sieht den OKV des Weiteren als Qualitätsprodukt. Das «Label» OKV stehe für Kontinuität, qualitativ hohe Aus- und Weiterbildungsstandards und Innovation.

In seinem «Gruss aus dem Dachverband» gab SVPS-Präsident Charles Trolliet Kontra: «Es ist richtig, dass wir unsere Strukturen überprüfen sollten. Der OKV hat zusammen mit dem ZKV und der FER rund 70 Prozent der Stimmen im Dachverband. Vielleicht sollte man sich hier auch Überlegungen machen, ob dies noch zweckmässig ist.» In seiner Rede sprach er nochmals – wie am Abend zuvor an der DV des ZKV – die Gebührenordnung, die Veranstaltersoftware und das Online-Nennsystem an. Fragen seien übrigens jederzeit erlaubt und sogar erwünscht.

Stehende Ovationen

Andy Kistler, Teamchef der Schweizer Springreiter, hielt ein eindrückliches Gastreferat über die Aufgaben in seinem Amt. Zudem blickte er zurück auf die Olympischen Spiele in Rio in diesem Sommer und stellte einige provokative Fragen. Zu seinen primären Aufgaben gehören unter anderem die Entscheidungen, welche Reiter an welchen Nationenpreisen, Weltcupturnieren oder inländischen Fünfsternturnieren starten können. Dabei sei es nicht immer einfach, als «Sandwich-Position» zwischen Reitern, Besitzern, Veranstaltern, Sponsoren, Medien und dem Verband zu fungieren. Er freute sich aber auch über die Resultate, die seine «Schützlinge» in diesem Jahr erreichten. Und auch wenn man ohne Medaille aus Rio nach Hause kam, wurden doch zwei Diplomränge erobert. Zudem gewann Steve Guerdat mit Corbinian den Weltcupfinal in Göteborg. Ebenfalls gab es erstmals Siege in den prestigeträchtigen Nationenpreisen von Fals­terbo und Calgary. Insgesamt wurden 23 Nuller und sieben Doppelnuller (Total 37) gezählt. Er gab mit einigen ausgewählten Bildern einen persönlichen Einblick hinter die Kulissen der «Expedition» Rio.

Die primären Zielsetzungen für das kommende Jahr sieht eine Teammedaille an den Europameis­terschaften in Göteborg im Sommer vor; zudem sollen ein bis zwei Reiter im Einzel in die Top Ten vorstossen. Kistler teilte den aufmerksamen Zuhörern im Saal auch einige persönliche Gedanken mit. Er fragte ins Plenum: «Sind wir ein moderner Sportverband? Halten wir Schritt mit dem Sport (Elite und Amateure) – früher auf der Wiese und heute? Was ist unsere Vision für unseren Sportverband? Sind wir geeint? Haben wir das gleiche Ziel? Sind wir lösungsorientiert?» Er sprach aber auch den immer wieder auftauchenden Zwist zwischen den Regionalverbänden («den Guten?») und dem SVPS («den Schlechten?») an. Wie sehe hier die Aussenwirkung aus? Können Strukturen in Zukunft auch anders aussehen? Müsse man für die Zukunft nicht ein Zeichen setzen und alte Zöpfe abschneiden? Er nannte dabei ein konkretes Beispiel: Früher hiess ein anderer grosser Sportverband «SRB» (Schweizerischer Rad- und Motorfahrerbund), heute «Swiss Cycling». Allein mit dem Namenswechsel resultierte bei diesem ein grosser Aufschwung. Kistler gab auch gleich einen Lösungsansatz dem OKV mit auf den Weg. Heute: «Verband Ostschweizerischer Kavallerie- und Reitvereine», Morgen: «Pferde­sport Ostschweiz». Und für den SVPS hiesse dies einfach «Pferdesport Schweiz». Andy Kistler beendete sein Referat nach einer Zusammenfassung mit der Aussage «Mein Job – ein Privileg!» und erntete dafür einen grossen und langanhaltenden Applaus, der sogar in Standing Ovations endete.

Ausgeglichene Finanzen

Die traktandierten Geschäfte der DV wurden alle angenommen. So auch die Wiederwahl des bestehenden Vorstandes und des Präsidenten. Es gab keine Demissionen zu verzeichnen, was Hässig stolz machte und er darauf hinwies, wie gut man zusammenarbeite. Zu den weiteren statutarischen Traktanden zählten auch die Mutationen, Ehrungen, die Rechnung und das Budget. Der OKV vermerkte die Austritte der beiden Vereine STWHA (Swiss Tennessee Walking Horse Association) und der BPOS (Barockpferde Ostschweiz). Einstimmig Aufnahme in den Verband erhielt die Zürcher Pferdezuchtgenossenschaft. Der OKV nimmt das neue Verbandsjahr nun mit insgesamt 148 Vereinen in Angriff.

Mit einem grossen Applaus wurden Claire Bodmer und Ruedi Gantenbein mit der Freimitgliedschaft gewürdigt. Die Laudationen hielt OKV-Vize Peter Zeller, der zudem – ohne Wissen des Präsidenten – dessen Gattin Barbara Urech-Hässig mit einem Blumenstrauss überraschte. Er dankte ihr für ihre aufopfernde Arbeit zu­gunsten des OKV. Geehrt wurden zudem die Verbandsmeister, die dafür die bekannte Urkunde erhielten. Es sind dies die Vertreter des RV Stammheimertal (Sieger), KV Bülach (2. Platz), RG Thayngen (3.), RV Uster (4.) und KV Winterthur (5.). Einen Blumenstrauss gab es für die neu brevetierten Ver­einstrainerinnen Nicole Baumann (RV Lengnau), Jasmine Bornhauser (RV am Ottenberg), Sabrina Huber (RV Frauenfeld), Noëlle Jehli (RV Birkenhof), Antoinette Marthaler (PVS Sigg), Manuela Rhyner (RV Horgen), Cornelia Strebel (KV Freiamt), Jeanine Strebel (KV Freiamt) und Sandra Wächter (RV Horgen).

Der OKV war aus finanzieller Sicht sparsam. Mit Aufwendungen von insgesamt rund 420000 Franken resultierte ein Gewinn von rund 2200 Franken. Der Vorstand erhielt die Décharge und auch das Budget, das einen kleinen Verlust von rund 5000 Franken vorsieht, wurde einstimmig genehmigt.

 

 


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